kontrast.at/groessten-corona-hilfen-oesterreich/16. August 2022 um 10:20

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Der Gastronom und Kurz-Freund Martin Ho holt sich 2,78 Mio. Euro, der Milliardär Rene Benko kriegt für seine Firmen 10,2 Millionen. Der Glücksspielkonzern Novomatic erhält 2,2 Mio. €, Starbucks kriegt gleich 280 x mehr Hilfsgelder, als man überhaupt Steuern zahlt. Noch nie wurde so viel Steuergeld an Unternehmen ausgeschüttet wie in der Corona-Krise und kein Land in Europa hat so viel ausgegeben wie Österreich. 47 Milliarden Euro hat Österreichs Regierung an Wirtschaftshilfen ausgezahlt oder bereits zugesagt. Dazu zählen Kurzarbeitsgelder, der Fixkostenzuschuss, der Umsatzersatz oder staatliche Garantien. Wer davon wie viel bekommt, sollte im Dunkeln bleiben – das war der Sinn der ausgelagerten COVID-19 Finanzierungsagentur (COFAG) des Bundes. Doch das EU-Beihilfenrecht zwingt Österreich zur Veröffentlichung staatlicher Hilfen ab 100.000 Euro ein Jahr nach der Genehmigung. Öffentlicher Druck sorgte dafür, dass die Regierung jetzt auch Förderungen über 10.000 Euro publiziert. Kontrast.at präsentiert die aktualisierte Liste.
[Der Artikel wurde am 11. Mai. 2021 veröffentlicht, aktualisiert am 27. Oktober 2022]
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Gerechtfertigte Finanzhilfen und Profiteure
Weil es die EU-Regelungen erforderlich machen, muss die Regierung einen Teil der ausbezahlten Corona-Hilfsgelder in die EU-Beihilfentransparenzdatenbank melden. Zwar bleibt die Transparenz, die von der EU vorgeschrieben wird, nur auf einen kleinen Teil der Wirtschaftshilfen begrenzt, doch zumindest muss Österreichs Regierung die größten Empfänger staatlicher Finanzhilfen offenlegen. Wer die knapp 10 Milliarden Euro für die Kurzarbeit erhalten hat, bleibt weiter im Dunkeln, weil sie offiziell nicht als Zuschuss für Unternehmen gelten, auch wenn sie ihnen Personalkosten ersetzen.
Bei den veröffentlichten Beihilfen zeigt sich, dass einige Konzerne mehr von den Corona-Hilfen profitiert haben als andere, weil sie für jede Filiale oder jedes Hotel separat um Zuschüsse ansuchen konnten. 19 Mio. bekam etwa Media Markt in Summe. Die Elektro-Handelskette gehört zur deutschen Holding Ceconomy, die sowohl den Umsatz als auch den Gewinn im Geschäftsjahr 2020/21 deutlich steigern konnte. Das gilt auch für einzelne Media Markt-Filialen, deren Gewinn laut Bilanzen im Krisenjahr 2020 von 20 bis hin zu 130 Prozent stieg. Für das Geschäftsjahr, in dem Media Markt von Österreichs Regierung Millionen Staatshilfen erhielt, zahlt der Konzern an seine Aktionäre eine Dividende von 63 Millionen aus.
Ebenfalls jeden einzelnen Hotelstandort rechnete die Falkensteiner-Hotelgruppe ab: 13 Millionen Euro an staatlichen Zuschüssen flossen in Summe an die Hotelgruppe. Das könnte zu Marktverzerrungen führen, weil andere Ketten nicht jeden Standort einzeln abrechnen (können).
Starbucks bekommt 280 Mal mehr Corona-Hilfen als die Kaffeehauskette Steuern zahlt
Ein guter Teil der Zuschüsse kam Hotels und Restaurants zugute, waren sie doch am meisten von den Corona-Schließungen betroffen. Der Szenegastronom und Freund von Ex-Finanzminister Blümel und Ex-Bundeskanzler Kurz, Martin Ho, wurde jedenfalls reichlich entschädigt: Für fünf Unternehmen (4 Dots Lokale und Chin Chin Gastronomie) holte er sich 2,78 Millionen Euro Zuschüsse vom Staat. Auch Starbucks wurde mit 900.100 Euro von Österreichs Regierung unterstützt – und das, obwohl Starbucks selbst im gesamten Jahr 2019 nur 2.850 Euro Steuern zahlte (bei einem Umsatz von 14,6 Millionen Euro). Die Kaffeehauskette verschiebt ihre Gewinne in die Niederlande über Steuertricks mit Lizenzgebühren. Der US-Konzern erhielt damit 280 Mal so viel aus dem Steuertopf, wie er in einem ganzen Jahr eingezahlt hat.
Auch der ÖVP-Abgeordnete und Tiroler Hotelier Franz Hörl stieg nicht schlecht aus: Er erhielt in den drei Corona-Jahren 1,5 Mio. Hilfsgelder, schrieb aber 2020 trotz Hilfsgelder einen Rekordgewinn. Schiliftbetreiber profitierten ebenfalls: Die Planai – Hochwurzen – Bahnen konnten ihren Gewinn im Lockdown-Jahr 2020 laut Bilanz um ganze 12 Prozent steigern – in der Zeit erhielten sie auch 800.000 Euro Steuergeld.
Starbucks bekam 280 x mehr Corona-Hilfen als die Kaffeehauskette in Österreich Steuern zahlt.
Überförderungen: Keine Rückzahlungen geplant
In Wirklichkeit dürfte das Verhältnis noch krasser sein, wenn man das Kurzarbeitsgeld berücksichtigt. Hier zeigt sich ein Problem der österreichischen Corona-Hilfen: Ein Wildwuchs an Förderungen aus Fixkostenzuschuss, Umsatzersatz I und II, Härtefallfonds und Kurzarbeit hat dazu geführt, dass einzelne Betriebe massiv überfördert werden. „Kein anderes EU-Land hat während Corona mehr Geld für Unternehmen ausgegeben“, stellt das Momentum-Institut in einem Vergleich der Hilfsgelder fest. 2020 haben sich die Staatsgelder für Unternehmen auf 15,1 Mio. verdreifacht, 2021 stiegen sie noch einmal auf 16 Milliarden Euro an. 2022 gingen die Subventionen für Unternehmen zwar zurück, bleiben aber trotzdem mit 8,5 Milliarden ausgesprochen hoch.
Natürlich könnten die einzelnen Förderungen gegengerechnet werden, sodass Unternehmen eventuelle Übergewinne an den Staat zurückbezahlen – doch das will die Regierung nicht. Oliver Picek, Ökonom des Momentum Instituts, spricht sich dafür aus, dass Betriebe, die trotz Staatshilfen große Gewinne gemacht haben, ihre Corona-Hilfsgelder in Form einer Corona-Sondersteuer zurückzahlen müssen. Die SPÖ fordert für die Wirtschaftshilfen einen einfachen Verlustausgleich: Alle Unternehmen sollen Akontozahlungen erhalten, bei der Steuererklärung müssen sie Überförderungen dann aber zurückzahlen.
Steuermillionen für Milliardäre
Einige Wirtschaftshilfen werfen auch die Frage auf, ob sie der Empfänger wirklich benötigt: SteuerzahlerInnen könnten fragen, warum etwa Rene Benko für seine Firmen Staatshilfen in der Höhe von 10,2 Millionen Euro braucht. Benko verfügt über ein geschätztes Vermögen von 4,9 Milliarden Euro und es ging ihm auch in den Krisenjahren prächtig. Er zahlte sich mit seiner Signa-Gruppe eine Dividende von 100 Millionen Euro aus und kaufte sich einen Gutshof um 30 Millionen Euro. Benko schickte die MitarbeiterInnen der Kika-Leiner Gruppe 2020 für sieben Wochen in Kurzarbeit und beantragte zusätzlich Steuergeld – für seine Kika-Leiner Gruppe 9,2 Millionen, für die Signa Luxury Collection eine Million. Zum Vergleich: Das etwa doppelt so große Möbelhaus XXXLutz bekam “nur” 1 Mio. Euro. Dabei gelten Möbelhäuser als die Gewinner der Krise: Um über vier Prozent sind ihre Umsätze gestiegen.
Von den deutschen SteuerzahlerInnen erhielt Benko übrigens noch 680 Millionen Euro für seine GALERIA Karstadt Kaufhof GmbH.
„Die Steuereinnahmen aus den Arbeitseinkommen der Vielen werden für die Vermögensrettung Weniger verwendet. Die Unterstützung des Staates fällt – auch in dieser Krise – zugunsten der Vermögenden aus“, erklärt der Vermögensforscher Martin Schürz in einer Analyse der Corona-Hilfen.
46,5 Millionen Staatshilfen für Wettbüros und Glücksspiel
Bemerkenswert ist auch die Großzügigkeit der Regierung gegenüber einer Branche, deren gesellschaftliche Relevanz zweifelhaft ist: Dem Wett- und Glücksspielgewerbe. Insgesamt flossen über 46,5 Millionen Euro an Wettbüros und Lotterien. Der größte Profiteur ist wenig überraschend die Novomatic von Multimilliardär Johann Graf: 2,2 Millionen Euro flossen an Grafs Firmen Admiral Sportwetten, Admiral Casinos und HTM Hotel- und Tourismusmanagement. Zusätzlich ließ sich Graf Personalkosten für 3.200 MitarbeiterInnen durch Kurzarbeitsgelder ersetzen, 120 von ihnen kündigte er in der Krise. Selbst schüttet sich Graf aber 50 Millionen Dividende im Jahr 2020 aus.
Überförderung, Intransparenz und hohe Beraterkosten: Rechnungshof kritisiert Cofag als „unzureichend“
Seit Oktober 2022 liegt der Prüfbericht des Rechnungshofs vor, der sich die Cofag genau angeschaut hat. Die Kontrolleure des Rechnungshofs urteilen hart über die Personalbestellungen und deren hohen Gehälter, die hohen Beratungskosten von 21 Mio. Euro und über die Gefahren der Überförderung, vor allem großer Betrieb und Konzerne. Außerdem sehen die Prüfer kritisch, dass extra eine eigene GesmbH gegründet wurde. Denn dadurch entzog man die Hilfszahlungen der demokratischen Kontrolle durch das Parlament.
Liste aller COFAG-Förderungen zum Download
Neue Daten: Cofag-Zahlungen an Unternehmen viel höher als bisher bekannt!
Das Thema „COFAG“ im Parlament
Quelle: https://kontrast.at/groessten-corona-hilfen-oesterreich/#alle-foerderungen
